Geschichte des Jugendhauses

Das Jugendhaus in Ballwil von unten her gesehen.

Vor rund 100 Jahren als Ergänzung zum Waisenhaus erbaut

Das alte Vereinshaus war ursprünglich ein Ökonomiegebäude und „Absonderungshaus“, das vor etwas mehr als hundert Jahren als Ergängungsbau zum damaligen Waisenhaus erstellt wurde. 1906 bewilligte die Gemeindeversammlung den Bau dieses Ökonomiegebäudes für die „hiesige Armenanstalt“. Ein Armen- und Waisenhaus betrieb die Gemeinde auf der Liegenschaft Morgenhalde seit 1846. Es war in einem Bauernhaus untergebracht, das Waisenvogt Karl Alois Kaufmann zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf seinem Land errichtet hatte. Kurz nach 1840 erwarb die Gemeinde die Liegenschaft und baute das Haus zum Waisenhaus um. Im Vergleich zu den Bürgerheimen anderer Luzerner Landgemeinden nahm es sich eher bescheiden aus. Trotzdem musste es 15-20 Personen Raum bieten. „Die Organisation und innere Einrichtung hat mir viel Arbeit verursacht“, berichtet Heinrich Ineichen in seinem Erinnerungsbuch „Mein Leben“; er gehörte damals dem Gemeinderat an.

Obdach für Bürger

Im Waisenhaus, das auch eine Armenanstalt war, fanden verarmte Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde wie auch Auswärtige ein Obdach. Sie arbeiteten, so weit sie dazu in der Lage waren, im Landwirtschaftsbetrieb mit. Die Verantwortung für den Betrieb trug ein von der Gemeinde bestimmter „Anstaltsdirektor“, ein Knecht war für die Landwirtschaft zuständig und zwei Ingenbohler Schwestern leiteten den Haushalt. Laut einem Bericht der kantonalen Brandversicherungsanstalt aus dem Jahre 1930 lebten vor gut 80 Jahren 14 „Insassen“, zehn Männer und vier Frauen, im „Konviktsgebäude“. Dieses befand sich damals offenbar in einem bedenklichen Zustand. 1931 legten die kantonalen Behörden der Gemeinde die Schliessung des Hauses nahe.

Kanton setzt Schliessung durch

In Ballwil tat man sich vorerst schwer mit diesem Verdikt und ersuchte um Aufschub. Der Gemeinderat wälzte auch Um- und Neubaupläne, stiess damit jedoch beim Kanton auf wenig Gegenliebe. Schliesslich fügte man sich und schloss die Anstalt. Die bedürftigen Bewohner wurden in Bürgerheimen anderer Gemeinden plaziert, der Landwirtschaftsbetrieb an den damaligen Knecht verpachtet. Das alte Waisenhaus diente weiterhin als Pächterwohnung. In den frühen Fünfzigerjahren übernahm Franz Kammermann senior die Pacht. Nach einem Sturmschaden wurde 1954 das baufällige Gebäude abgebrochen und an seiner Stelle das heutige Bauernhaus errichtet.

Ökonomiegebäude wird Vereinshaus

Das benachbarte Ökonomiegebäude wurde nach der Schliessung der Armenanstalt ebenfalls für Wohnzwecke umgebaut. Noch bis 1970 wohnte dort eine kinderreiche Familie. Danach überliess die Gemeinde das Haus den Vereinen als Versammlungslokal. Josef Frischkopf, damals Sozialvorsteher der Gemeinde, erinnert sich noch lebhaft an diesen Einzug der Jugend ins alte Gemäuer, den er mit Rat und Tat unterstützte. Anfänglich waren es vor allem die Jungwacht und Jungmannschaft, später die Juguba und der Jugendverein, die im Vereinshaus ihren Treffpunkt hatten. Der Jugendverein übernahm die Verantwortung für das Haus. Immer wieder wurden Einrichtungen verbessert, erneuert und ausgebaut, oft mit viel Eigenleistung der Jugendlichen, ein letztes Mal vor rund zehn Jahren. Dabei durften die Nutzer des Hauses stets auf das grosse Verständnis der benachbarten Familie Kammermann zählen.

Nochmals die „rote Karte“

Doch 2007 endete die Ära Vereinshaus abrupt – und wiederum kam die „rote Karte“ aus Luzern: Die Gebäudeversicherung erliess aus sicherheitstechnischen Gründen so weitgehende Auflagen, dass der Gemeinderat die vorläufige Schliessung des Hauses verfügen musste. Man erwog eine umfassende Sanierung, die Gemeindeversammlung bewilligte dafür sogar einen Kredit. Doch nach einer Überlegungsphase entschieden sich Pfadi und Jugendverein für ein gemeinsames Neubauprojekt, das pfadijugendhuus; die Gemeinde und die Kirchgemeinde boten Hand dazu. So soll dort, wo nur noch letzte Überreste vom alten Vereinshauses zeugen, schon bald ein schönes und zweckmässiges Gebäude entstehen, und die Jugendlichen sind entschlossen, zu dessen Bau und Betrieb einen massgeblichen Teil beizutragen.